Vorgeschichtliches Eßfeld


Eßfeld wurde 820 zum ersten mal urkundlich erwähnt. Man kann jedoch aufgrund einer Vielzahl von Funden davon ausgehen, daß bereits in früherer Zeit der Raum um das heutige Eßfeld besiedelt war.

Die trockenen Sandböden des Maintales boten den Menschen nach dem Ende der letzten Eiszeit (ca. 10.000 v. Chr.) geeigneten Lebensraum. Die Menschen dieser Zeit waren noch nicht seßhaft, sondern streiften als Jäger und Sammler in Horden umher. Mit dem Beginn der Jungsteinzeit (ca. 4000 v. Chr.) begannen die Menschen sich niederzulassen. Sie siedelten am Rande fruchtbarer Lößböden, wie sie im Ochsenfurter Gau ausgeprägt vorkommen. Ein ausgedehntes Siedlungsareal der Jungsteinzeit ist aus Fuchsstadt bekannt, das nur ca. 2 km von Eßfeld entfernt ist.


Grab 1

Die meisten in und um Eßfeld gefundenen Relikte stammen aus der Urnenfelder- (ca. 1400 v. Chr. - späte Bronzezeit) und Hallstattzeit (ca. 800 v. Chr. - Eisenzeit).

Es wurden insgesamt sieben Gräber entdeckt; 1913 vier (Grab 1,2,3,6), 1916 (Grab 7), 1918 (Grab 4) und 1934 (Grab 5) je ein weiteres. Außerdem stellte man die Reste von drei Gruben und zwei Herdestellen fest.

Das Grab mit den reichhaltigsten Beigaben war das sog. Grab 1. Es wurde 1913 entdeckt und enthielt Bronzeschmuck, Waffen und Keramik. Die Funde sind abgebildet.

Als genauer Fundort des Grabes 1 wird der Flurname "Am Albertshäuser Weg" angegeben, auf dem Acker des Schreiners Johann Körner südlich des Klingholzes. Wie man in der folgenden Skizze sieht(1), handelte es sich um ein Rechteck aus Steinplatten von ca. 3,20 mal 1,40 Meter.

Die Muschelkalkplatten steckten 20 bis 70 cm tief im Boden und waren hochkant aufgestellt, man spricht wegen ihrer Form von "Steinkistengräbern". Nach Ansicht von Archäologen wurden derartige Gräber nur für reiche oder adelige Tote sowie für Krieger angelegt. Dafür sprechen auch die reichen Beigaben, wie man sie gerade im Grab 1 gefunden hat. Diese Steinkisten waren mit größeren Steinplatten abgedeckt und als Besonderheit gegenüber anderen Fundstellen der gleichen Epoche, besaß das Grab 1 noch einen Bodenbelag aus unregelmäßig gefügten Muschelkalkplatten.


Die Abbildung zeigt die in Grab 1 gefundenen Beigaben(1)

Knochen oder gar ein Skelett fand man nicht, nur Spuren von Asche. Die Toten wurden damals vor der Bestattung verbrannt. Die Asche wurde ins Grab gestreut oder in einer Urne ins Grab gestellt. Wegen dieser Begräbnissitte wird die Epoche der Bronzezeit, aus der diese Eßfelder Gräber stammen, "Urnenfelderzeit" genannt.

Diese Brandflachgräber lösten die bis dahin üblichen Hügelgräber ab. Sie waren in der Regel mit Beigaben ausgestattet, häufig mit Keramik. Auf der Skizze von Grab 1 kann man erkennen, daß die Gefäße (Nr. 1,2,3,4) rund um die Asche des Toten plaziert waren.

Grab 1 wurde 1913 zufällig beim Pflügen gefunden. Der damalige Pfarrer Amrhein, ein sehr gelehrter Mann, der auch an der Geschichte Eßfeld interessiert war, meldete den Fund an das zuständige Amt in Würzburg, worauf der bekannte Dr. Georg Hock die Ausgrabung in Angriff nahm. Das Foto zeigt Pfarrer Amrhein und Dr. Hock am Grab 1, undeutlich zu erkennen sind auch einige der Grabbeigaben.

Nur gut drei Meter östlich von Grab 1 wurde Anfang Dezember 1913 Grab 2 ausgehoben, es enthielt außer reichlich Leichenbrand keine Beigaben.

Mit dem Fund dieses zweiten Grabes lag der Schluß nahe, daß es sich hier um ein Gräberfeld handelt und somit mit weiteren Gräbern gerechnet werden mußte. Diese Annahme erwies sich als richtig und noch im gleichen Jahr wurde Grab 3 entdeckt und untersucht. Das Grab befand sich allerdings nicht auf dem gleichen Acker, sondern ca. 500 m westlich auf dem Acker des Bauern Michael Körner. Die Namensgleichheit der Besitzer der verschiedenen Äcker führte zu einigen widersprüchlichen und falschen Angaben über die Lage der Fundstellen in der Fachliteratur.


Grab 3

Grab 3 war scheinbar schon in vorgeschichtlicher Zeit durch Grabräuber ausgeplündert worden; nur noch zerstreuter Leichenbrand fand sich im Grab. Ein Bodenpflaster fand man ebenfalls nicht. Das Grab wurde in 20 bis 50cm Tiefe gefunden. Es bestand wiederum aus hochgestellten Steinplatten, die ein schiefes Viereck von ca. drei auf vier Meter bildeten. Die Abbildung zeigt eine Skizze von Grab 3(2).


Grab 3 mit Michael Körner, Stefan Scheuermann, Valtin Herrmann

Auch von dieser Grabungsstelle ist ein Photo erhalten. Es zeigt v.l.n.r.: Den Besitzer des Ackers Michael Körner, Stefan Scheuermann, Valtin Hermann

1918 wurde in der Nähe der Gräber 1 und 2 beim Pflügen ein weiteres Grab entdeckt. Grab 4 lag wiederum auf dem Schreiner- Acker, ca. 50 Meter westlich an der Ackergrenze. Am 6. April 1918 wurde es von Dr. Hock inspiziert. Wie die folgende Skizze(2) zeigt, handelt es sich um eine Steinkiste von ca. 3,20 mal 1,40 Meter Größe.


Grab 4

Zum Teil waren Kalksteine hochkant gestellt worden. Im Innern des Grabes stieß man auf Leichenbrand und auf das Bruchstück eines sog. "Zylinderhalstopfes" (s. Abb.), Scherben einer gelben Schüssel sowie dunkle Scherben mit Verzierung.

Das Foto zeigt Grab 4. Links erkennt man Dr. Hock, in der Mitte steht Philipp Scheuermann, zweiter von rechts sein Vater Stefan Scheuermann. Die drei Jungen sind die Söhne von Dr. Hock.

Der nächste Fund auf diesem Gräberfeld wurde erst 1934 gemacht. In östlicher Richtung von den bisher bekannten Gräbern hoben Dr. Hock und sein Assistent Freund am 22. März 1934 Grab 5 aus. Unter einer Steindecke von 1,5 mal 2 Metern lagen in 40 cm Tiefe einige größere Scherbennester und Reste von Leichenbrand. Die Steinkiste war diesmal nicht rechteckig, sondern ein Oval von 2 Metern Länge und 1,5 Metern Breite. Auch dieses Grab wurde zufällig beim Pflügen entdeckt.


Diese Abbildung zeigt eine Rekonstruktion des gefundenen
Zylinderhalstopfes. Er hat einen zylindrischen Hals und einen
breiten, fast waagrechten Rand. Dazu trägt er bogenförmige
Verzierungen.

Auch auf dem Gebiet des heutigen Ortes Eßfeld wurden Funde gemacht. Im Flurstück "Neben dem Dorfgraben", auf dem Acker neben dem Bürgerhaus, wurden 1913 eine bereits zerstörte Bestattung und zwei Siedlungsgruben ausgegraben. Die Gräber wurden anhand der Funde aus den Siedlungsgruben in die Hallstattzeit datiert.
Diese Fundstelle wurde wie viele weitere nahezu vergessen. Erst die Grabungen aus den Jahren 2000 und 2002 erbrachten teilweise sensationelle neue Erkenntnisse (==> Links setzen)

Im gleichen Flurstück, an der Stelle, wo sich heute das Sportheim befindet, wurde ebenfalls 1913 eine Siedlungsgrube und eine Körperbestattung (Grab 6) der entdeckt. Da diese beigabenlos waren wurden sie anhand des Fundmaterials der Siedlungsgrube ebenfalls in die Hallstattzeit datiert. Die Entdeckung der merowingischen Reihengräber im Jahr 2002  in unmittelbarer Nähe lässt darauf schließen, dass diese Gräber möglicherweise ebenfalls zu diesem Gräberfeld gehörten.
Die Siedlungsgrube (Grube 3) enthielt 2 Mahlsteine und mehrere Brocken Hüttenlehm, sowie Scherben von Gefäßen. Ein Hüttenlehmbrocken ist heute im Mainfränkischen Museum zu sehen, die Mahlsteine wurden im Krieg zerstört.

Das Skelett im Grab 6 war in Süd- Nord- Richtung ausgerichtet. Der Tote lag über einem Steinboden und war von einem kleinen Steinkreis umgeben (Durchmesser 1,40 Meter), aus dem Schädel und Unterschenkelknochen überstanden. Es ist möglich, daß der Steinkranz die Begrenzung eines Hügelgrabes bildete. Ursprünglich hatte über der Leiche eine große Steinplatte gelegen, diese wurde bereits 1905 herausgenommen. Dabei wurde das Skelett teilweise zerstört.

1916 fand man Grab 7 westlich der Bundesstraße 19, gegenüber dem Umspannwerk, nördlich des Feldweges nach Geroldshausen.

Wieder legte man die bekannte Steinkiste mit aufrecht stehenden Platten frei und stieß auf Skelettreste. Da keine Beigaben enthalten waren, konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob es sich ebenfalls um ein Grab aus der Urnenfelderzeit handelt.

Außer den sieben Gräbern wurden noch drei Abfallgruben und zwei Herdstellen gefunden:

Grube 1 wurde schon 1913 beim Pflügen in der Nähe von Grab 1 entdeckt. Es enthielt Scherben größerer Gefäße, Tierknochen, ein geschliffenes schwarzes Steinbeil und einen Klopfstein aus Quarz.

Grube 2 wurde am 15. Dezember 1913 östlich des Ortes, nördlich der Straße nach Darstadt ausgegraben. Es handelte sich um eine ovale Mulde, 50 cm tief, 3,50 Meter lang, 2 Meter breit. Sie enthielt eine hellbraune Tasse mit spitzem Boden und fehlendem Henkel sowie viele Scherben und Bruchstücke von Mahl- und Reibsteinen. Dazu kamen viele Tierknochen, u.a. ein Hundeschädel, ein Schabinstrument aus Knochen und Hüttenlehm.

Grube 3 enthielt 2 Mahlsteine und mehrere Brocken Hüttenlehm sowie Scherben von Gefäßen.

Während diese Gruben wohl Abfallgruben waren, handelte es sich bei den zwei gefundenen Herdstellen um Brennöfen zum Brennen von Keramik.

Herdstelle 1 wurde 1913 dicht bei Grab 1 entdeckt. Es handelte sich dabei um eine Setzung aus roten Sandsteinen und Muschelkalkbrocken. Der Boden war rot gebrannt und trug eine dünne Kohleschicht; Gegenstände wurden keine gefunden.

Herdstelle 2 lag nahe bei Herdstelle 1, wurde jedoch erst am 12. April1934 entdeckt.

Beim Ausgraben fand man ein Steinpflaster aus ganz kleinen Steinbrocken, Kohlen- und Brandspuren, sowie größere Scherben eines Gefäßes.

Übersicht über die bis 1998 in der Gemarkung Eßfeld gemachten Funde:

1: Im Flurstücke "Leisgraben" wurden durch Begehung 1923 Siedlungsstellen der Hallstatt oder Urnenfelderzeit entdeckt. Dabei wurden einige kleine Scherben gefunden.

2: Im Flurstück "Im Himmelreich" wurden Gefäßscherben und Feuersteinsplitter entdeckt, was auf eine Siedlungsstelle hinweist.

3: Auf der "Fuchsstädter Höhe" wurde eine Feuersteinpfeilspitze gefunden. Näheres ist nicht bekannt.

4: Am "Albertshäuser Weg" wurden die bedeutendsten Funde gemacht, mehrere Gräber der Urnenfelderzeit (s. oben).

5: Grab 3 stammte ebenfalls aus der Urnenfelderzeit (s. oben).

6: Im Flurstück "Neben dem Dorfgraben" wurden 1913 Siedlungsgruben und zwei Gräber entdeckt. (s. oben).

7: Grube 2 weist auf eine Siedlungsstelle hin (s. oben).

8: An der "Herrenlänge" wurde 1958 beim Anlegen einer Rübenmiete eine Siedlungsgrube oder angeschnittene Kulturschicht entdeckt.

9: Am "Mückenbach" konnte anhand von Lesefunden eine Siedlungsstelle der Hallstattzeit lokalisiert werden.

10: Am "Oberen Möhrig" wurden 1981 aus der Luft Siedlungsstellen entdeckt. Eine Begehung 1983 erbrachte Keramik der Bronze- oder Urnenfelderzeit.

11: Am "Mittleren Möhrig" wurden ebenfalls aus der Luft Siedlungsverfärbungen entdeckt. Auch hier brachte eine Begehung Keramik der Bronze- oder Urnenfelderzeit.

12: Am "Mühlberg" wurde eine Steinaxt aus der Mittelsteinzeit gefunden. Genauere Umstände sind nicht bekannt.

13: Aus der Luft zu erkennende Verfärbungen können von einem verebneten Turmhügel aus dem Mittelalter stammen. Genauere Nachforschungen sind bisher nicht erfolgt.

14: Beim Neubau des Wohnhauses wurde im April 1975 im Hof von Max Breunig (heute Landauer) eine Steinaxt aus der Mittelsteinzeit gefunden.

15: Im Waldstück "Pfanne" befindet sich ein Grabhügel, der jedoch durch Fuchsbauten stark zerwühlt ist.

16: Westlich derBundesstraße 19, gegenüber dem ehemaligen Umspannwerk wurde 1916 eine Brand- oder Körperbestattung in einer Steinsetzung aus senkrechten Platten entdeckt, die Zeitstellung ist unklar, über Grabbeigaben ist nichts bekannt.

17: Bei Flurbereinigungsmaßnahmen wurde 1983 Siedlungskeramik der Hallstatt- und Frühlatènezeit gefunden.

18: Am Mühlberg wurde 1984 ein hoher durchbohrter Schuhleistenkeil gefunden.

19: Beim Pflügen wurden im Flurstück "Östlich des Giebelstädter Weges" 1961 Steinplatten herausgeackert, die von einer Bestattung der Urnen- oder Hallstattzeit stammen könnten. Genaueres ist darüber nicht bekannt.

20: 1972 wurden mehrere Lesefunde der Großgartach/Rössen und Hallstattzeit gemacht.

21: In den 70er Jahren wurden ca. 80 Silbertaler von 1550 bis 1625 gefunden. Näheres wurde dazu offiziell nicht bekannt.

Weiterhin berichtet Paul Beusch von einem Grab, das zwischen Darstadt und Eßfeld entdeckt worden sein soll und der Hallstattzeit zugeordnet wurde.


Zylinderhalstopf im Mainfränkischen Museum

Es enthielt: ". . .92 Tonperlen von verschiedener Farbe, teils einfarbig rot, gelb oder blau, teils rot mit hellgelben Zeichnungen oder weiß mit grünlich-bläulichen Zeichnungen, vier tiefblauen und hellgrünen Glasperlen sowie zwei Perlen und einem Ring aus Bernstein, ferner in mehreren dünnen, mit Silber plattierten Beschlägen und Schnallen von Bronze, zwei mit rautenförmigen Schildchen(4) verzierten Bruchstücken eines beinernen Knebels und kleinen Stückchen einer sehr spröden Fettsubstanz, wahrscheinlich Wachs. Außerdem kam noch ein Bruchstück des Oberkiefers eines ausgewachsenen Braunbären, in welchem noch ein Backenzahn steckte, drei eiserne Messer und mehrere eiserne Zängchen zum Vorschein". Dieser Fund ist in der einschlägigen Literatur nicht aufgeführt, so daß keine näheren Informationen über Fundjahr und -ort gegeben werden können.

Es wurden in Eßfeld zwar relativ viel Funde gemacht, sicherlich wurde aber durch die jahrhundertelange intensive Landwirtschaft sowie durch Bautätigkeit eine Vielzahl von Relikten vor ihrer Entdeckung bzw. Auswertung durch die Wissenschaft unwiderbringlich zerstört. Leider sind auch einige der von Dr. Hock geborgenen Stücke während der Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 im Museum den Flammen zum Opfer gefallen. Ein Teil der Funde kann heute im Mainfränkischen Museum in Würzburg besichtigt werden. Die folgende Zeittafel(5) soll einen Überblick über die verschiedenen Kulturepochen geben.


(1) PESCHECK, C.: Katalog Würzburg 1, S. 120ff.
(2) WILBERTZ, O.M.: Die Urnenfelderkultur in Unterfranken, S. 203ff.
(3) nach: Landesamt für Denkmalpflege - Ortsakten Eßfeld (musste entfernt werden)
(4) BEUSCH, P.: Eßfeld, eine fränkische Bauerngemeinde, S. 13
(5) PESCHECK, C.: Die Urgeschichte des Dorfes Acholshausen, S. 120ff.